Wenn wir getriggert sind – und es nicht merken

Manchmal sind wir mittendrin – im Konflikt, im Gefühl, in der Überzeugung, im Recht zu sein – und merken nicht, dass wir gerade nicht wir selbst sind. Oder anders gesagt: nicht in Kontakt mit unserem erwachsenen, gegenwärtigen Ich. Sondern in Kontakt mit einem alten Anteil, der damals verletzt wurde – und heute seine Schutzstrategie fährt.

Ein Trigger ist oft unsichtbar. Wir halten unsere Haltung für berechtigt, unser Gefühl für wahr, unser Denken für klar. Und doch ist darunter etwas anderes: eine alte Geschichte, die in der Gegenwart nach Wiederholung ruft – und nach Heilung.

Wenn ich alleine bin, finde ich manchmal einen Weg, wieder ein bisschen in die Spur zu kommen: ich schlafe, gehe spazieren, esse etwas, lenke mich ab, atme durch, mache Sport. Oder ich schaue Serien, trinke Alkohol, verliere mich in Gedanken oder Süchten. All das kann kurzfristig Druck herausnehmen – aber es löst den Ursprung nicht.

Wenn ich in Beziehung bin – mit einem Menschen, den ich liebe oder mit dem ich ringe – wird es noch herausfordernder. Denn dann bin ich nicht nur mit mir, sondern mit einem Gegenüber konfrontiert. Und das alte Muster sagt vielleicht: „Ich werde nicht gesehen. Ich werde nicht verstanden. Ich muss mich wehren.“
Und ich handle entsprechend. Ich ziehe mich zurück. Ich beschuldige. Ich schäme mich. Ich beschäme den anderen.

Was aber wirklich hilft, ist Resonanz.

Wenn mein Gegenüber sagt: „Ja, das war viel für dich.“ Oder: „Du bist gerade richtig wütend. Das macht Sinn.“ Oder auch nur: „Ich sehe dich.“ – dann passiert etwas in mir. Dann schmilzt etwas. Dann atmet mein System auf.
Dann bin ich wieder da.

Diese Art der Resonanz ist kein „Recht geben“, sondern ein Anwesendsein mit dem, was ist. Sie ist nicht nett gemeint, sondern tief menschlich. Und wenn sie gelingt – dann kann ich im Nachhinein erkennen, dass ich in einer alten Wunde festhing. Dann kann sich der Trigger verwandeln in ein Tor.

Die große Frage ist: Habe ich Raum in mir, um den anderen da sein zu lassen, wo er gerade ist?
Oder wird mir das zu viel?
Muss ich das abwehren? Fühle ich mich beschämt? Muss ich mich verteidigen? Oder den anderen beschämen?

Wenn ich heute meine Arbeit mit einem Satz zusammenfassen müsste, dann vielleicht so:

Jedes Problem, das wir haben – ob im Beruf, in der Liebe, mit uns selbst oder mit der Welt – ist im Kern ein Beziehungsproblem.

Und das heißt auch: Die Lösung ist Beziehung. Beziehung zu mir selbst. Beziehung zum Gegenüber. Beziehung zur Wahrheit des Augenblicks.

UND:

Beziehung kann man lernen. Man kann lernen, sich weniger drastisch abzugrenzen, weniger nach schnellen Lösungen zu suchen, anstatt überhaupt erst einmal im Hier und Jetzt anzukommen. Oft will ich mit der äußeren Lösungssuche ein inneres Gefühl loswerden, was durch das Außen ausgelöst wurde. Das löst aber nicht wirklich das Gefühl auf, nur die Situation, die dieses Gefühl zum Vorschein gebracht hat. Das ist vorübergehend vielleicht hilfreich, aber nicht auf Dauer.

Dazu brauchen wir Räume, in denen wir uns subjektiv und vielleicht auch objektiv sicherer fühlen als normalerweise. Damit arbeiten wir in unseren Gruppen. Deshalb sind sie so heilsam.

Mit Wärme,
Peter Hellwig

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